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Sportdirketor Patrick Fölser zieht Bilanz zur WM 2019

Patrick Fölser - Copyright: ÖHB/Agentur DIENER/Eva Manhart

Die Weltmeisterschaft 2019 ist seit vergangenen Sonntag Geschichte. Mit Gastgeber Dänemark setzte sich die Heim-Mannschaft durch und holte sich im Finale souverän den WM-Titel gegen Norwegen. Österreich belegte in der Endabrechnung Rang 19. Im Interview spricht ÖHB-Sportdirektor Patrick Fölser über den neuen Weltmeister und zieht eine erste Bilanz zum Abschneiden der österreichischen Nationalmannschaft.

Herr Fölser, mit Dänemark hat sich einer der Gastgeber der vergangenen Weltmeisterschaft durchgesetzt. Haben sich die Dänen ihren ersten WM-Titel verdient abgeholt?

Patrick Fölser: "Absolut! Dänemark war über das gesamte Turnier die konstanteste Mannschaft. Es war beeindruckend zu sehen, mit welcher Konsequenz und Überzeugung sie dieses Turnier bestritten haben. Dänemark hat vom ersten bis zum letzten Spiel niemals Zweifel aufkommen lassen, wer am Ende den Weltmeistertitel holen wird. Ihr Tempospiel und ihre körperbetonte Spielweise, gepaart mit der unglaublich hohen Qualität auf jeder Position, aber auch die taktischen Möglichkeiten die Gegner vor neue Aufgaben zu stellen, war beeindruckend. Der Heimvorteil in Herning, mit 15.000 Zuschauern bei jedem Spiel, hat der Mannschaft noch den letzten Kick gegeben. Zusammengefasst ein mehr als verdienter Weltmeister!"

Blicken wir zurück auf das Abschneiden der österreichischen Mannschaft bei diesem Turnier: Österreich ist mit einem Sieg gegen Saudi-Arabien standesgemäß in das Turnier gestartet. Alles schien nach Plan zu laufen, doch dann folgte die überraschend deutliche Niederlage gegen Chile.

Patrick Fölser: "Gegen Saudi Arabien sind wir gut in das Turnier gekommen, wenngleich wir in diesem Spiel sicher nicht unseren besten Handball gezeigt haben. Gegen Chile hatten wir dann Probleme und haben nicht zu unserem Spiel gefunden. Die letzten Minuten vor der Halbzeit konnte die Mannschaft dann mit zwei Superaktionen abschließen und wir sind trotz durchwachsener erster Halbzeit mit plus eins in die Pause gegangen. Was dann in der zweiten Halbzeit passiert ist, ist schwer zu erklären. Die Mannschafft hat total verunsichert gewirkt und keine Lösungen gegen die agilen Chilenen gefunden. Unser Angriff war geprägt von vielen Fehlwürfen und technischen Fehlern und auch in der Deckung haben wir den Zugriff nicht gefunden."

Gegen die Topnationen Norwegen und Dänemark hat das österreichische Team jeweils eine starke Leistung in der ersten Halbzeit gezeigt, konnte diese allerdings in der zweiten Hälfte nicht halten bzw. bestätigen. Was waren die Gründe für den Einbruch in den zweiten 30 Minuten gegen, zugegebenermaßen, bärenstarke Gegner?

Patrick Fölser: "Gegen Norwegen und vor allem gegen Dänemark waren wir zu Beginn wirklich gut eingestellt und konnten so beide Teams vor Probleme stellen. Die taktische Marschroute war vorgegeben und die Mannschaft hat das wirklich gut umsetzt. In der zweiten Hälfte hat sich dann die Spielstärke und Athletik beider skandinavischer Mannschaften durchgesetzt und wir konnten mit dem Tempo nicht mehr mithalten. Wir konnten beide Spiele ohne Druck angehen und haben in einigen Phasen dieser Spiele unsere Qualitäten gezeigt. Insgesamt gesehen waren diese beiden Mannschaften bei diesem Turnier aber nicht in unserer Reichweite."

Dann kam es zum Spiel gegen Tunesien. Für viele vor dem Turnier das Endspiel um den Aufstieg in die Hauptrunde.

Patrick Fölser: "Die Mannschaft wollte dieses Spiel unbedingt gewinnen um sich wieder Selbstvertrauen zu holen. Natürlich hatten wir auch im Hinterkopf, dass mit einem Sieg mit elf Toren Unterschied die Hauptrunde noch möglich gewesen wäre. Aber leider ist die erste Halbzeit nicht so gelaufen wie erhofft und wir sind immer einem Rückstand hinterher gelaufen. In der zweiten Hälfte hat sich die Mannschaft nochmal aufgebäumt,  aber für einen Sieg hat es nicht mehr gereicht."

Damit ging es in den President´s Cup. Eine Niederlage gegen Argentinien und ein Sieg im abschließenden Spiel gegen Bahrain haben letztlich Rang 19 bei der WM bedeutet. Wie lautet Ihr Fazit zu dieser Weltmeisterschaft bzw. was sind die Erkenntnisse und weiteren Schritte des Verbandes in Richtung Heim-EM 2020?

Patrick Fölser: "Wir sind bereits voll mit der Analyse der WM beschäftigt und werden alles hinterfragen um die richtigen Schritte zu setzen, damit 2020 eine schlagkräftige Mannschaft auf dem Parkett zu sehen sein wird. Es gibt viele Dinge aufzuarbeiten, die nicht nach Wunsch gelaufen sind. 
Es war sicher nicht alles schlecht, allerdings müssen wir als Verband und auch die Spieler im Einzelnen, in den Spiegel schauen und unsere Hausaufgaben erledigen, um dann die richtigen Lehren aus dieser WM zu ziehen. Auch wenn diese WM sicher nicht das gezeigt hat, was wir alle erhofft haben, so ist es dennoch nach der ersten Enttäuschung  eine Erfahrung, aus der jeder Spieler seinen Ansporn und seine persönliche Motivation für die Arbeit der nächsten Monate ziehen kann."

Mit der EHF EURO 2020 steht ein Event der Sonderklasse in Österreich vor der Tür. Auf was können sich die Fans im Jänner 2020 freuen?

Patrick Fölser: "Ich denke, dass auch diese WM in Dänemark wieder gezeigt hat, wie groß das Interesse am Handballsport ist. Fans aus ganz Europa werden 2020 nach Österreich reisen und für eine unvergessliche Stimmung sorgen. Was Handball in Österreich auslösen kann, haben wir bei der Heim-EM 2010 gesehen. Volle Hallen und eine sensationelle Stimmung sind vorprogrammiert. Wir freuen uns sehr, diese Großveranstaltung in Österreich präsentieren zu können. Viele Superstars des Handballs werden in Österreich zu sehen sein. Was diese Stimmung und Euphorie für die Heimmannschaft auslösen kann, durften wir 2010 am eigenen Leib erfahren und sehen dem Event mit großer Vorfreude entgegen."

30/01/19 23:47 zurück